Cindy Sherman – Retrospektive der Künstlerin im New Yorker Museum of Modern Art

Seit dem 23. Februar 2012 zeigt das New Yorker Museum of Modern Art eine umfangreiche Retrospektive der New Yorker Künstlerin Cindy Sherman. Seit nun mehr als 35 Jahren arbeitet die Fotografin an inszenierten Portaitserien. Dabei verkörpert sie buchstäblich selbst ihr eigenes Markenzeichen, da der Körper der Künstlerin selbst das Ausgangsmaterial aller ihrer Arbeiten ist. Cindy Sherman agiert dabei zeitgleich als Darstellerin, Fotografin, Regisseurin, Ausstatterin und Stylistin. Dabei sind ihre Arbeiten weit davon entfernt nur den Bereich des klassischen Selbstportraits abzudecken.

Portraitierung der Rollen der Frau
Viel mehr portraitiert Cindy Sherman auf eine höchst einfühlsame und intelligente Art und Weise die verschiedenen Rollen und Klischees, in die die Frau im Laufe der Zeit von der Gesellschaft und den Massenmedien gezwängt wurde. Da die so entstandenen Charaktere ebenso Einzug in unser kollektives Verständnis gehalten haben, kommen sie dem Ausstellungsbesucher auf merkwürdige Art und Weise vertraut vor und scheinen ihm beim Gang durch die Ausstellungsräume bisweilen durch ihre überzogene Darstellungsweise realer als die übrigen Besucher des Museums.

Überzeugende Darstellung der Charaktere
Es ist natürlich nicht klar, festzustellen, inwieweit Cindy Sherman Biografie und persönliche Aspekte ihres eigenen Lebens in ihre Kunst einfließen lässt. Laut eigenen Angaben war jedoch das Verkleiden bereits eine Lieblingsbeschäftigung ihrer Kindheit. Diese Leidenschaft am Erzeugen einer künstlichen Interpretation der eigenen Person ist sicherlich auch der Grund, der sie dazu befähigt, die Charaktere ihrer Werke so überzeugend darzustellen, dass beispielsweise einige Betrachter ihrer bisher bekanntesten Serie Untitled film stills wirklich glaubten, die Filme, in denen diese Figuren vermeintlicherweise vorkamen, gesehen zu haben oder zumindest zu kennen.

Schwarz-Weiß-Portraits von Cindy Sherman
Die 69 Schwarz-Weiß-Portraits entstanden in der Zeit zwischen 1977 und 1980 und scheinen Schauspielerinnen in real existierenden Filmszenen diverser Hollywoodstreifen darzustellen. In einer anschließenden Serie inszeniert sie sich in Manier der Centerfolds diverser Pornomagazine und thematisiert somit den sexistischen Blick auf einen bestimmten weiblichen Stereotyp, der allerdings mehr verstörend als verführerisch seinen Blick auf die ihn dominierende Kamera richtet. Die Figuren jener Bilder tragen sichtbare Körperprothesen, wirken mehr entstellt als gestylt und entspringen einer Ästhetik, die eher Assoziationen an diverse Zombie-Filme und Splatter-Movies im Betrachter hervorruft.

Clown-Serie
In der 2004 entstandenen Clown-Serie scheinen sich dagegen alle Aspekte des Weiblichen, ja sogar des Menschlichen weitestgehend aufzulösen. Die übertrieben kostümierten und grell geschminkten Clowns weisen kaum noch Aspekte eines Gesichtes auf und posieren vor einem computergenerierten, ebenso schrill und künstlich wirkenden Hintergrund.

Wichtiges Stilmittel der Werke von Cindy Sherman
Und wirklich ist es ein wichtiges Stilmittel aller Cindy Sherman Werke, dass sie stets die Mittel und Techniken ihrer Inszenierungen offen legt. Ist die Fotografie auch noch so überzeugend und real durchdacht und in Szene gesetzt, niemals entgeht dem Betrachter die eigentliche Künstlichkeit der Szenerie, die sich durch erkennbare Körperprothesen, übertriebene Schminke oder das Kabel des Selbstauslösers stets selbst entlarvt.
Durch dieses künstlerische Verfahren gelingt es Cindy Sherman seit Jahrzehnten, sehr treffend das Dilemma der Rolle der Frau in der heutigen Zeit zu beschreiben, die sich nicht mehr selbst erfindet, sondern die viel mehr durch die Bilder der Werbung und Rollenverständnisse der Gesellschaft bewusst oder unbewusst zu einer Art Kunstfigur stilisiert wird.

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